Harvestella – Farmsimulation mit RPG-Anteil oder andersherum

Oliver Buge
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Im Jahr 1996 erschien in Japan das erste Spiel der Harvest Moon Reihe. Mit dieser ersten, nicht ganz so akkuraten Landwirtschaftssimmulation, wurde der Grundstein für viele andere Genrevertreter wie Rune Factory, Stardew Valley oder Story of Seasons gesetzt. Nun hat Square Enix mit Harvestella einen Titel ins Rennen geschickt, der einen kleinen Twist mit sich bringt: Hier wird das bescheidene Leben auf einem Bauernhof in ein RPG-Gerüst gesteckt. Wir haben uns den Titel angeschaut und werden euch verraten, ob der Genremix funktioniert.

Wie in den meisten Farmingsimulationen ist ein Jahr auf vier Jahreszeiten anstatt auf 12 Monate aufgeteilt: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. In jeder Jahreszeit wachsen verschiedene Obst- und Gemüsesorten, manche sogar in mehr als nur einer Jahreszeit. Doch Harvestella bringt sogar noch eine fünfte Jahreszeit dazu, Silentium – Die Jahreszeit des Todes. Das Silentium findet zwischen jeder Jahreszeit statt und wird von den sogenannten Chronomalien ausgelöst. Von diesen gibt es vier Stück, wovon je eine davon einer der Hauptjahreszeiten gewidmet ist. Die Stille ist für die meisten Organismen so gefährlich, dass Menschen in ihren Häusern sowie Farmtiere in den Ställen bleiben und auf euren Feldern wachsende Pflanzen eingehen. Der Charakter, den ihr spielt, irrt zu Beginn des Spiels während der Stille umher und bricht entkräftet zusammen. Am nächsten Morgen werdet ihr von der örtlichen Ärztin gefunden und an mehr als an euren Namen könnt ihr euch nicht erinnern. Da es dem Genesungsprozess zuträglich sein soll, wenn man einer Beschäftigung nachgeht, bekommt man vom Bürgermeister einen verlassenen Bauernhof gestellt. Auf diesem kann man nach Herzenslust Obst und Gemüse anbauen, solange man es mit der Farmarbeit nicht übertreibt.

Auch wenn der Charaktereditor nicht allzu viele Optionen bietet, lässt er euch trotzdem einige Freiheiten. Bei eurem Geschlecht stehen euch die Optionen männlich, weiblich und divers zur Auswahl. Egal für welche dieser Möglichkeiten man sich entschieden hat, man kann jeden verfügbaren Körperbau wählen, auch wenn mir nicht allzu viele Unterschiede aufgefallen sind. Jetzt noch Haarfarbe und Stimme gewählt und ihr seid fertig! Ein entsprechend personalisiertes Portrait bekommt ihr ebenfalls spendiert. Ob die Wahl des Geschlechts für den späteren Spielverlauf eine Rolle spielt, konnte ich während meiner Spielzeit nicht feststellen. Die Pronomen, die verwendet wurden, wenn eure Spielfigur angesprochen wurde, haben sich aber entsprechend verändert.

Im Laufe des Spiels bekommt ihr eine Mitbewohnerin, die aus der Zukunft zu stammen scheint. Die einzige Konstante dieser und ihrer Zeit sind die Chronomalien. Gemeinsam zieht ihr los, um diese zu untersuchen, was allerdings kein ganz so einfaches Unterfangen ist, da es in ihrer Umgebung Monster gibt. Besiegte Monster hinterlassen Gegenstände wie Materialien oder Saatgut. Außerdem erhaltet ihr Erfahrungspunkte, die euch jedoch erst am Ende eines Tages gutgeschrieben werden. Dadurch kann es vorkommen, dass man während eines Abenteuers an einem Tag noch den Hintern von einem Goblin versohlt bekommt und es ihm am nächsten Tag dafür doppelt heimzahlen kann. In den verschiedenen Dungeons gibt es Abkürzungen, damit ihr bei späteren Besuchen schneller voranschreiten könnt. Jedoch müssen diese erst einmal repariert werden. Leitern könnt ihr einfach so wieder in Schuss bringen, für Brücken ist ein Reparaturkit nötig. In beiden Fällen verbraucht ihr eine wertvolle Ressource: Zeit. Wie auch im echten Leben ist euer Tag in dem, was ihr machen könnt, zeitlich begrenzt. Bleibt ihr zu lange wach, werdet ihr müde und seid in dem, was ihr tut, nicht mehr ganz so effektiv. Auf der einen Seite passt die zeitliche Limitierung zum Genre der Landwirtschaftssimulation, fühlt sich aber bei den Story getriebenen RPG Aspekten etwas störend an. Wenn man weiß, dass man kurz vor einem Bosskampf steht, aber ins Bett gehen muss, weil es schon spät ist und euer Charakter vor Müdigkeit kurz vorm Umkippen ist, unterbricht das den Spielfluss etwas.

Wichtig für eure Tagesplanung ist eure Ausdauer. Jede Aktion verbraucht etwas davon: Felder bestellen, gießen oder ernten, sowie Monster verhauen und Loot aufheben. Damit sich eure Ausdauer erholen kann, braucht ihr etwas im Magen. Eure Ernteerträge oder gefundene Beeren füllen nur einen kleinen Teil. Wer sich den Bauch so richtig vollschlagen möchte, sollte etwas gekochtes zu sich nehmen. Nicht nur der Magen wird besser gefüllt, sondern auch eure Lebenspunkte werden stärker wiederhergestellt. Außerdem bieten gekochte Gerichte verschiedene Boni wie erhöhte Ausdauer, Abwehr und Angriff. Neue Rezepte könnt ihr euch im Gemischtwarenladen kaufen oder durch das Abschließen von Nebenaufgaben erhalten. Verwendet man beim Kochen hochwertige Zutaten, kann man bessere Gerichte kochen, bei denen der Bonus entsprechend höher ausfällt. Abhängig vom gekochten Gericht müsst ihr etwas Ingame Zeit für die Zubereitung investieren. An der Werkbank könnt ihr viele Nützliche Farmobjekte herstellen, mit denen ihr eure Erntegüter weiter verarbeiten könnt. Aber auch Bomben oder Reparaturkits, mit denen ihr in Dungeons Wege freischaltet, könnt ihr hier herstellen. Wie auch beim Kochen vergeht beim Herstellen der Items etwas Zeit.

Nach etwas Spielzeit werdet ihr den großen Feen begegnen. Diese helfen euch etwas auf eurem Hof aus und weisen darauf hin, wenn es etwas zu ernten gibt. Außerdem erhaltet ihr von ihnen ein paar Aufgaben, die sich zum größten Teil auf euren Hof beziehen. Durch das Abschließen dieser Aufgaben können sich eure Fähigkeiten für die Farmarbeit verbessern.

In den Kämpfen erwartet euch ein Echtzeit-Kampfsystem. Eure Spielfigur kann auf insgesamt 12 verschiedene Klassen zurückgreifen, die als “Aufträge” bezeichnet werden. Während der Hauptgeschichte werdet ihr auch den größten Teil davon automatisch freischalten. Maximal drei dieser Aufträge können gleichzeitig ausgerüstet werden. Durch häufigen Einsatz erhaltet ihr für ausgerüstete Aufträge Auftragspunkte, die ihr in neue Spezialattacken oder diverse Boni wie kürzere Abklingzeiten oder höhere Angriffsstärke für Standardangriffe investieren könnt. Sowohl außerhalb als auch während eines Kampfes kann man zwischen den Aufträgen wechseln. Bei Bossen und besonders starken Gegnern, die als “Furcht” bezeichnet werden, gibt es noch eine Bruchanzeige: Angriffe mit einer bestimmten Angriffsart oder Elementen treiben einen Balken voran. Wurde dieser erfolgreich gefüllt, verursachen sämtliche Angriffe zusätzlichen Schaden. Füllt man den Balken während des ersten laufenden Bruchs ein zweites Mal, wird der ausgeteilte Schaden noch weiter erhöht.

Auch wenn die Nebenaufgaben oftmals deutlich seichter als die Hauptgeschichte sind, gestalten sie sich jedoch spannend genug, sodass man mit den Charakteren mitfiebert und wissen möchte, wie es weitergeht. Eure Gruppenmitglieder erhalten sogar tiefergehende Nebenquests, durch die ihr sie noch besser kennenlernt.

Optisch macht Harvestella im TV-Modus den besseren Eindruck. Im Handheldmodus sieht das Bild oft etwas verwaschen aus. Items und wichtige Charaktere haben liebevoll gestaltete Illustrationen erhalten. Während der Kämpfe erwartet euch ein buntes Effektfeuerwerk, was gerade bei Bosskämpfen etwas Überhand nehmen kann. Die musikalische Untermalung ist wirklich passend und auf jedes Dorf und Dungeon abgestimmt. Die verschiedenen Obst- und Gemüsesorten sehen zwar gewöhnlich aus, haben aber äußerst kreative Namen wie, Gurkola, Erdbären oder Kawuffel verpasst bekommen. 

Wir danken Square Enix recht herzlich für die Bereitstellung des Review-Codes!

Harvestella
75 100 0 1
Alles in allem ist Harvestella ein gelungenes RPG mit einer prise Farmsimulation. Der Simulationsanteil kam mir persönlich etwas zu kurz und wirkte viel mehr als Mittel zum Zweck, um Geld für Ausrüstung zu verdienen. Die Geschichte ist zwar nichts Neues, wird aber trotzdem spannend genug erzählt, damit man am Ball bleibt. Mein persönliches Highlight waren die kreativen Namen einiger Gegenstände sowie deren Artworks.
Alles in allem ist Harvestella ein gelungenes RPG mit einer prise Farmsimulation. Der Simulationsanteil kam mir persönlich etwas zu kurz und wirkte viel mehr als Mittel zum Zweck, um Geld für Ausrüstung zu verdienen. Die Geschichte ist zwar nichts Neues, wird aber trotzdem spannend genug erzählt, damit man am Ball bleibt. Mein persönliches Highlight waren die kreativen Namen einiger Gegenstände sowie deren Artworks.
75/100
Total Score

Pro

  • Interessanter Genremix
  • Kreative Itembenennung
  • Liebevoll gestaltete Artworks

Contra

  • Das Farmen kommt etwas zu kurz
  • Schwächerer Look im Handheldmodus
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