Wenn die Sonne die Welt verlässt, bleibt nur die Dunkelheit zurück. Gloomy Eyes erzählt von einer Gesellschaft, die im eigenen Hochmut unterging – die Menschen trieben die Sonne fort, und mit ihr verschwand jede Hoffnung. In dieser Welt herrschen Misstrauen, Angst und der Konflikt zwischen den Lebenden und den Toten.
Doch wie in jeder guten Geschichte schimmert auch hier ein Funken Hoffnung. Dieser Funken trägt den Namen Gloomy, ein Zombiejunge, der alles andere als furchteinflößend ist. An seiner Seite steht Nena, ein Mädchen voller Witz, Herz und Schelmerei. Zusammen brechen sie eine der größten Regeln ihrer Welt: Sie überschreiten die unsichtbare Grenze zwischen den Reichen der Lebenden und der Untoten, um das Licht zurückzuholen.
Im Self-Koop-Gameplay von Gloomy Eyes steuern wir sowohl Gloomy als auch Nena in einem reinen Einzelspieler-Erlebnis. Spieler wechseln zwischen den beiden Charakteren, um ihre individuellen Fähigkeiten zu nutzen und Herausforderungen zu meistern, während man in der bezaubernd morbiden Dunkelheit Umgebungspuzzles löst.
Verbotene Freundschaft in ewiger Nacht
Die Handlung von Gloomy Eyes lebt nicht von epischen Schlachten oder großen Gesten, sondern von der zarten, verbotenen Freundschaft zwischen zwei Außenseitern. Gloomy und Nena begegnen sich in einer Welt, in der sich beide Völker eigentlich meiden sollten. Doch genau hier entsteht der Kern der Geschichte: ein Band, das nicht sein dürfte, aber stark genug ist, um alle Regeln zu brechen.
Der Konflikt zwischen Lebenden und Toten bildet den Hintergrund, bleibt aber immer ein Spiegel für die kleine, intime Geschichte im Zentrum. Die große Dunkelheit ist nicht nur ein äußeres Setting, sondern auch Symbol für die innere Leere und Einsamkeit, die beide Figuren verbindet.

Nena kann Leitern hochsteigen, Schalter drücken und sich durch Lichtkegel bewegen. Gloomy hingegen kann Objekte bewegen und so Wege öffnen oder ein Boot bauen.
Der Grabwächter erzählt
Ein besonderes Element ist die Erzählweise. Die Geschichte wird von einem Grabwächter vorgetragen – seine Stimme ist mal schwermütig, mal voller Hoffnung, manchmal fast augenzwinkernd. Dadurch fühlt sich Gloomy Eyes wie ein erzählerisches Märchenbuch an, das sich im Laufe des Spielens entfaltet. Leider gibt es jedoch keine deutsche Synchro.
Diese Inszenierung verleiht der Story einen Rhythmus, der sie gleichzeitig intim und theatralisch macht. Man lauscht wie einem alten Geschichtenerzähler am Lagerfeuer, während sich die Figuren in Dioramen bewegen, die fast wie Bühnenbilder wirken.
Es gibt in der ARTE Mediathek eine 30-minütige Kurzgeschichte von Gloomy Eyes – inklusive deutscher Erzählstimme. Solltet ihr das Spiel spielen wollen, würde ich euch empfehlen, das Video erst danach anzuschauen. Persönlich gefällt mir der englischsprachige Totengräber aus dem Spiel besser, jedoch wäre eine Option dennoch schön, da man so der Geschichte unterbewusst und ohne Untertitel besser folgen könnte.
Märchenhafte Symbolik
Gloomy Eyes arbeitet stark mit Symbolen:
- Die Sonne, die sich abgewandt hat, steht für verlorene Hoffnung und Hybris der Menschheit.
- Die ewige Nacht symbolisiert nicht nur Dunkelheit, sondern auch Stillstand und Orientierungslosigkeit.
- Die Freundschaft zwischen Lebendem und Untotem bricht ein Tabu und zeigt, dass gerade im Anderssein die Rettung liegen kann.
Die Geschichte könnte auch als Allegorie auf aktuelle Themen gelesen werden – Ausgrenzung, Vorurteile, das Aufbegehren gegen überlieferte Regeln. Doch sie bleibt zugleich universell und zeitlos wie jedes gute Märchen.
Liebevoll inszenierte Miniaturwelten
Die Story entfaltet sich nicht in endlosen Textboxen, sondern in kleinen Dioramen, die wie Miniaturtheater wirken. Jedes Diorama erzählt einen eigenen Abschnitt der Reise und ist voller makabrer, aber verspielter Details.
Statt in großen Zwischensequenzen wird die Handlung fragmentiert und poetisch erzählt. Kleine Gesten, Blicke, der Einsatz von Licht und Schatten – all das vermittelt mehr als Worte.

Wir durften das Spiel nicht nur für Nintendo Switch, sondern auch auf PlayStation 5 testen, und technisch lief nicht immer alles reibungslos. Mal funktionierte auf der Sony-Konsole ein Lichtkegel nicht richtig, wodurch für mich nicht ersichtlich war, ob Gloomy gleich elendig stirbt und mal blieb ich bei der Nintendo Switch-Version in der Levelarchitektur stecken und musste das Areal vom letzten Checkpoint aus neu laden.
Erwartungsgemäß zeichnet Gloomy Eyes auf der Hybrid-Konsole nicht so knackscharfe Bilder, wie auf der PlayStation 5, auf Xbox-Systemen oder dem PC, allerdings kann ich das Spiel auch für Nintendo-only Spieler:innen empfehlen – wobei ich Achievements schon vermisse. Diese tragen durchaus zur Atmosphäre des Spiels bei. So kann Nena beispielsweise durch ein Loch in der Wand schauen, Mäuschen spielen und ihren Onkel beobachten. Während dies auf der PS5 entsprechend belohnt wurde, gab es auf meiner Nintendo Switch 2…. nichts. Da wäre wenigstens eine In-Game-Meldung toll.
Was es aber in der Nintendo Switch-Version ebenfalls gibt: Andenken. Das können Nenas Tagebuch, ein Rucksack oder irgendwelche Notizen sein, die ihr in den Leveln findet. Von diesen Miniatur-Diorama-Welten gibt es im Spiel übrigens 14 Stück.
Nicht immer fand ich den richtigen Weg auf Anhieb. Das liegt aber nicht an der etwas unscharfen Nintendo Switch-Version. Die uns vorliegende Variante für PlayStation 5 hat dasselbe Problem, was also grundlegend an der Levelvisualisierung liegt.
Tragik und Hoffnung
Wie jede Geschichte kennt auch Gloomy Eyes Tragik: Die beiden Figuren stehen nicht nur gegen die ewige Nacht, sondern auch gegen eine Welt, die ihre Freundschaft niemals akzeptieren würde. Und doch entwickelt sich aus dieser Tragik eine zutiefst hoffnungsvolle Botschaft: Selbst im tiefsten Schatten können kleine Seelen das Licht zurückbringen.
Das macht die Story von Gloomy Eyes so berührend. Sie ist nicht groß und laut, sondern still und aufrichtig – ein kleines Märchen über zwei Figuren, das am Ende viel größer wirkt, als man denkt.
Leider kommt das Ende schneller als man denkt. Auch wenn ich nicht jedes Rätsel auf Anhieb sofort verstanden habe, war für mich nach knapp 5 Stunden das Ende erreicht. Allerdings fehlen mir noch einige Andenken, die ich definitiv noch suchen werde!
Ein Märchen zwischen Burton und Brothers
Wer Gloomy Eyes spielt, denkt vielleicht sofort an Tim-Burton-Filme wie Corpse Bride oder Nightmare Before Christmas. Doch während Burton oft exzentrisch und grotesk ist, bleibt Gloomy Eyes intimer und sanfter.
Auch an Spiele wie Brothers: A Tale of Two Sons fühlt man sich erinnert – nicht wegen des Gameplays, sondern wegen der stillen, emotionalen Erzählweise. Gloomy Eyes reiht sich damit in die Tradition moderner Indie-Märchen ein, die weniger auf mechanische Tiefe, sondern auf emotionale Resonanz setzen.
Eine Geschichte, die in Erinnerung bleibt
Gloomy Eyes ist mehr als ein Puzzle-Abenteuer. Es ist ein düsteres, poetisches Märchen, das durch seine Story lebt. Die Beziehung zwischen Gloomy und Nena, der Erzähler als Stimme aus dem Grab, die symbolische Inszenierung der Dunkelheit – all das macht dieses Spiel zu einem kleinen Kunstwerk.
Cozy Horror-Abenteuer mit Self-Koop-Gameplay
Gloomy EyesPro
- Schöne Atmosphäre
- Tolle englische Erzählstimme
Contra
- Technisch nicht ganz sauber
- Leider keine Switch 2-Version