Minute of Islands – Das Märchen über die Psyche und vom Ende der Welt

Daniela Lönnendonker
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Wir hatten alle sicher mal das Problem, dass etwas wichtiger war als alles andere. Alles andere musste hinten anstehen, während nur diese eine Sache oder Aufgabe alles bedeutet. Wenn ein Spiel es schafft, einem binnen weniger Stunden den Spiegel vorzuhalten, oder anders herum, einen Einblick in die Gedankenwelt eines solchen Menschen zu geben… ist das schon Kunst? Und damit meine ich nicht die Bilderbuchoptik im Stil der Cartoon-Serie Adventure Time.

Und das alles kommt aus deutschem Hause des Studio Fizbin aus Berlin. Minute of Islands erschien am 13. Juni auf Nintendo Switch, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One, Steam, im Humble Store und auf Gog.com – zum Preis von 19,99 Euro.

In Minute of Islands begleiten wir Mo. Sie war ein glückliches Mädchen, bis die Apokalypse in Form von Pilzsporen die Welt heimsuchte. Geheimnisvolle Wesen vermachten ihr aus dem Grund den Omni-Switch und die Aufgabe, die Bio-Maschinen der Region instand zu halten. Diese bilden eine Art Luftfilter, die verhindern, dass die Pilzsporen nicht alles Leben bedrohen.

Tausche Freude gegen Lebensaufgabe

Und so beginnt das Spiel. Mo erwacht und die Motoren stehen still. Die vier Riesen, die als Antrieb der Maschinerie dienen, haben die Arbeit mangels Sauerstoff eingestellt und Mo muss nun die Luftfilter ihrer einstigen Heimatinseln reaktivieren und die Riesen wieder aufwecken.

Hier ein kurzer Einwurf: Wenn ihr langsam erzählten Geschichten nichts abgewinnen könnt, könntet ihr euch an diesem Spiel die Zähne ausbeißen. Es ist offensichtlich, dass die Stärke von Minute of Islands nicht die Steuerung ist. Das Spiel an sich ist ein Rätsel-Plattformer, der es schafft keine wirklich schweren Rätsel zu stellen, sofern wir im Blick behalten, was Mos Fähigkeiten angeht und auch die Hotspot-Anzeigen beachten.

Abgesehen von Hüpf- und Kletterpassagen, die 80 % des Spieles ausmachen, sind die Rätsel sehr rudimentäre Aufgaben, etwa den Omni-Switch mit immer denselben Tastenkombinationen zu nutzen oder etwas von links nach rechts zu schieben.

Mo bewegt sich auf ihrer Reise dabei über Ebenen, durch wunderschön illustrierte Umgebungen, welche mitunter aber auch absichtlich grotesk gezeigt werden. Etwa finden wir bald am Strand der Start-Insel einen verendeten Wal, an dem sich die Möwen laben. Aber etwas stimmt nicht, denn der Wal liegt dort nicht nur schon eine Weile, sondern wird gerade von den Pilzsporen in der Luft zersetzt.

In Minute of Islands begleitet uns auch eine Erzählerin, welche immer aus Mos Sicht erzählt, Mo und anderen Personen die Stimme leiht und auch das gesehene und unsichtbare wie Mos Gedanken beschreibt. So erzählt uns die englische Stimme, übrigens auch mit hervorragenden deutschen Untertiteln, dass die Pilzsporen erst die Lebewesen über die Atemwege in Halluzinationen einlullt und diese dann nach ihrem Ableben zersetzt. 

Mos Aufgabe, die Luftfilter am Laufen zu halten, ist also wie erwähnt essenziell für den Fortbestand aller Lebewesen des Insel Archipels. Wir besuchen auf der Reise verschiedene Inseln ihrer Kindheit, finden als eine Art Collectible Erinnerungen an die Zeit vor dem Pilzbefall und treffen auch ihr bekannte Menschen wieder. Unter den wenigen Menschen, die noch übrig geblieben sind, sind auch Verwandte von Mo und mit jedem Treffen merken wir den Abgrund mehr, in dem Mo versumpft ist. Dabei ist es auch noch je nach Ansicht selbst interpretierbar. Schon früh merkt man, dass Mo in Isolation zu den anderen Menschen lebt. Aber ab spätestens der dritten Insel realisieren wir, dass die Isolation selbst auferlegt ist und auch Mo sehr egoistisch aufgrund ihrer wichtigen Aufgabe geworden ist. Ganz anders, als die Mo vor dem Pilzbefall, von der die Erzählerin immer wieder durchscheinen lässt.

Mehr möchte ich auch nicht vorwegnehmen, aber es gibt einen Punkt im Spiel, der sicher für jeden selbst unterschiedlich gesetzt ist, wo man sich nicht mehr mit Mo identifizieren möchte.

Grafisch was fürs Auge, krampfhaft dafür die Steuerung

Grafisch sich zu orientieren ist meist etwas schwierig, aber bald wissen wir, wonach wir Ausschau halten können, wenn Mo selber nicht weit genug springen kann und finden auch einen Weg drum herum indem wir unseren Weg nach unten Bahnen. Dabei finden wir wie erwähnt auch abseits des Weges Erinnerungen, wovon wir an jedem Ort eine bestimmte Anzahl entdecken können und so noch etwas mehr von der Hintergrund-Geschichte Mos erfahren.

Diese Erinnerungen müssen wir aber im richtigen Moment “einfangen”, indem wir im rechten Moment springen und sie berühren. Nach einer Weile wunderte ich mich aber, warum man daraus so eine Geschicklichkeits-Fleißaufgabe gemacht hat. Etwas Spielerisches wäre hier passender gewesen. Etwa so wie bei den Rätseln mit dem Omni-Switch, wo wir einen Strahl mit einem bestimmten Punkt via Analogstick verbinden müssen. 

Die Steuerung ist auch gerne etwas hakelig. So kommt es ab und an vor, dass wir eine Ebene abwärts springen möchten, aber das Spiel gefühlt unsere Eingabe ignoriert. Über diese Eigenheit ist man jedoch recht schnell hinweg, weswegen das in den etwa 5 Stunden Spielzeit, vielleicht nur die ersten 30-40 Minuten negativ auffällt.

Minute of Islands ist streng linear, auch wenn wir mit Erkunden erwähnte Erinnerungen abseits des Weges finden können. Ein Einsammeln der Erinnerungen ist ein purer Bonus und abseits von einem Achievement auf diversen Plattformen nicht mit einer Art von Belohnung behaftet. Zumindest, wenn wir vom Einblick in Mos Vergangenheit mal absehen. Entsprechend ist mehrfaches Durchspielen hier eher obsolet, aber dieser eine Durchgang hat es in sich… Sofern ihr mit einer etwas langsam erzählten Geschichte klarkommt und auch die Schwere der erzählten Kost verarbeiten könnt und möchtet.

Lasst euch vom Grafikstil einer Adventure Time Episode nicht beirren

Was erzählerisch geboten wird, lässt tief in die Psyche von Menschen blicken, wird aber astrein von der Erzählerin in Szene gesetzt. Die Animationen von Mo und ihrer Umgebung sind auch detailliert und nur selten hakelig, auch wenn auf Nintendo Switch ab und an Ruckler im Handheld-Modus zu merken waren.

Die Musik untermalt stets passend und die Geräuschkulisse ist stimmig. Mit guten Kopfhörern sicher hervorragend.

Die Geschichte ist streng linear und ein mehrfaches Durchspielen lohnt nicht, wenn ihr auf freischaltbare Extras aus seid. Aber für 19,99 € erhaltet ihr eine Geschichte von 5 bis 6 Stunden, welche euch den Spiegel vorhält, oder aber vielleicht auch eher die gedanklichen Abgründe von anderen Menschen näher bringen kann.

Minute of Islands
75 100 0 1
Liebe Eltern, die Altersfreigabe von 12 Jahren ist nicht von ungefähr. Im Zweifel spielt das Spiel erstmal selbst durch oder seht euch ein Let's Play auf YouTube dazu an, bevor ihr eurem Kind einfach nur ein grafisch hübsches Spiel besorgen wollt.
Liebe Eltern, die Altersfreigabe von 12 Jahren ist nicht von ungefähr. Im Zweifel spielt das Spiel erstmal selbst durch oder seht euch ein Let's Play auf YouTube dazu an, bevor ihr eurem Kind einfach nur ein grafisch hübsches Spiel besorgen wollt.
75/100
Total Score

Pro

  • Tiefgründige Geschichte...
  • Wunderschöne, handgezeichnete Grafik
  • Untertitel in mehreren Sprachen...
  • ...welche aber einen hervorragenden Job macht.

Contra

  • …die langsam erzählt wird und auch sicher nicht jeden abholen wird.
  • Hakelige Steuerung
  • ...aber nur eine englische Tonspur...
  • Wenig Abwechslung im Rätsel-Design
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