Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster – Klassiker im neuem Gewand

Tim Henze
Shin Megami Tensei 3 Nintendo Switch

Shin Megami Tensei ist inzwischen mehr bekannt im Westen, da Titel wie Persona 4 und Persona 5 eine sehr große Fanbase aufgebaut haben. Allerdings lagen die Ursprünge der Reihe in den gleichnamigen Rollenspiel Titeln. Shin Megami Tensei IV erschien vor einigen Jahren exklusiv für Nintendo 3DS und sehr bald dürfen wir uns auch auf den lang ersehnten fünften Teil freuen. Shin Megami Tensei V wird „bald“ exklusiv für Nintendo Switch erscheinen. Um die Wartezeit zu überbrücken, hat Atlus einen Remaster von dem beliebten dritten Teil der Reihe veröffentlicht. Wie sich der Titel heute noch schlägt, verraten wir euch in unserem Test.

Ich geh mal kurz die Welt retten

Die Story von Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster fängt mit einem Schulausflug ganz normal an, doch nur ein paar Minuten später konnte ich nur noch die Stirn runzeln. Der Protagonist (Name frei wählbar) trifft in einem Krankenhaus im Stadtteil Shinjuku in Tokio seine Mitschüler und ihnen fällt sofort auf, dass etwas faul sein muss, da alle Menschen verschwunden sind. Kurz darauf trifft der Held eine zwielichtige Person (welche ein Dämon zu sein scheint), die uns töten will. Nachdem die Person (nicht von uns) aufgehalten wurde, wird der Protagonist selber zu einem Dämon und erkennt, dass die Welt wie er sie kannte, komplett zerrissen wurde. Tokio existiert nur noch in Bruchstücken und hat sich zu einer Kugel verformt (mit der Stadt im Inneren). Mit dem Wissen, dass seine Mitschüler in dem Krankenhaus überlebt haben, gehen wir diese suchen. Somit beginnt das Abenteuer durch Tokio (oder was davon übrig ist), um die Welt wiederherzustellen. Nach einiger Zeit erhält der Held einen von vielen Kandelabern. Diese sind unter den Dämonen beliebt, da man mit allen extreme Mächte erlangt und somit die Welt beherrschen kann. Daher treffen wir zahlreiche Dämonen, die unseren Kandelaber stehlen wollen. 

Persona? Shin Megami Tensei!

Das Spielprinzip kommt den einen oder anderen vielleicht bekannt vor, denn die Kämpfe funktionieren ähnlich wie jene aus der Persona-Reihe. Allerdings gibt es kleine aber dezente Unterschiede, die das Kampfsystem einzigartig machen. Der Hauptcharakter kann, so wie Joker aus Persona 5, ebenfalls Persona sammeln und rekrutieren. Allerdings kämpfen diese in Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster aktiv mit und können auch sterben. Es kommen schon leichte Pokémon Nuancen durch, wenn man alle Dämonen „rekrutieren“ möchte. Wie in den anderen Titeln auch kann man in der Kirche der Schatten Dämonen fusionieren, um so extrem mächtige Begleiter zu erhalten. Jedoch muss der Protagonist die gleiche Stufe haben, da er sonst die Dämonen nicht kontrollieren kann. Stufenanstiege unterscheiden sich jedoch bei dem Held und den Dämon. 

Während bei unseren Begleitern die Werte vorherbestimmt steigen und verteilt werden (ebenfalls wie die Fähigkeiten), so können wir den Protagonisten selbst entwickeln. Zum einen kann man die Werte frei verteilen und zum anderen kann man sogenannte Magatama absorbieren, welche beim Stufenanstieg Fähigkeiten verleihen. So stehen einem zum Beginn des Abenteuers nur 2-3 Stück zur Verfügung, einige Stunden später aber bis zu 9. Je nachdem welche Magatama man absorbiert hat, erhält man auch permanente Werteboni und andere Schwächen/Stärken gegen gewisse Elemente/Effekte. Wer jetzt alle Fähigkeiten von allen Magatama erlernen will, wird schnell feststellen, dass man nur acht Fähigkeitenplätze besitzt. Sind diese belegt, muss man zwingend eine andere Fähigkeit verlernen, damit man die neuere und meistens bessere Fähigkeit lernen kann. Stärker ist zwar in der Theorie besser, allerdings verbrauchen die Fähigkeiten auch wesentlich mehr MP. Und durch die recht rar gesäten Heilbrunnen sollte man es sich sehr gut überlegen, ob man gleich am Anfang des Dungeons seine komplette MP entleeren will. Ein wenig Abhilfe kann man sich schaffen, indem man mehrere Dämonen im Team hat. Man kann zwar nur 4 Mitglieder im Kampf haben, allerdings über 5 Begleiter in der Reserve. Und diese kann man selbst im Kampf (Im Zug des Protagonisten) austauschen. Dies kostet allerdings eine Aktion, womit wir beim Knackpunkt des Kampfes angekommen sind. 

Aktionen erhält die Spielerseite für jedes aktive Kampfmitglied (meistens also 4) und die Gegnerseite ebenfalls pro aktivem Mitglied (oder auch mal mehr, wenn man zum Beispiel gegen einen Boss kämpft). Jede Anwendung einer Aktion verbraucht einen Punkt, jedoch kann man auch seine derzeitige Aktionspunkte erhöhen oder auch verringern. Durch kritische Treffer oder Schaden erlitten durch einen Schwachpunkt des Gegners (zum Beispiel Feuerangriffe) erhaltet ihr einen halben Punkt wieder und könnt somit öfter agieren. Solltet ihr aber einmal verfehlen oder der Gegner weicht aus, so verliert ihr ganze zwei Punkte. Durch übergeben kann der aktive Charakter/die aktive Dämonen seinen Zug überspringen und verbraucht dabei nur einen halben Aktionspunkt. Das gleiche System gilt ebenfalls für die gegnerischen Gruppen. Sollten diese starke Elemente gegen unsere Party nutzen, so dürfen sie öfter agieren. Mit wenig Vorbereitung wischt einer der Bosse somit gerne einmal den Boden mit uns auf. 

Klassisches Rollenspiel mit kleinen Altlasten

Auf eurer Reise durch Tokio werdet ihr viele interessante Orte entdecken. Einige sehen sehr trostlos und leer aus, andere sind gefüllt mit einer Vielzahl an Dämonen. Ein klassisches „Dorf“ (mit Händlern, Gasthöfen etc.) gibt es in Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster nicht. In vielen Gebieten findet ihr des Öfteren einen Speicherpunkt, welcher gleichzeitig auch als Teleportationspunkt und Heilbrunnen fungiert. In Heilbrunnen könnt ihr eure Gruppe, natürlich gegen Geld, heilen oder auch wiederbeleben lassen. Allerdings ist es auf der Weltkarte nirgends ersichtlich, wo es diese Brunnen gibt. Gerade nach einem Dungeon kommt man an einer neuen Stelle auf der Weltkarte raus und sucht vergeblich einen Speicherpunkt/Heilbrunnen. Solltet ihr ins Gras beißen, heisst es, dass man vom letzten Speicherpunkt starten muss. Ärgerlich, weil man dann einige Stunden Fortschritt verliert. Vielleicht hätte man hier zumindest einen „Erneut“ Knopf für den Kampf einfügen können oder ein automatisches Speichersystem. Besonders ärgerlich wird es, wenn man mehrere Kämpfe mit extrem starken Feinden hintereinander hat. Durch die verschiedenen Mondphasen (am oberen linken Bildbereich) ist die Wahrscheinlichkeit darauf mal höher oder mal niedriger. Die Begegnungsrate im Spiel ist gut ausgeglichen, man hat nicht zu wenige, aber auch nicht zu viele Kämpfe. Durch eine Anzeige unten rechts erkennt man, wie bald der nächste Kampf sein wird. So kann man rechtzeitig seine Verletzungen heilen. Insgesamt muss man aber aufpassen, da der allgemeine Schwierigkeitsgrad des Spiels relativ hoch angesiedelt ist. Besonders Bosse erscheinen manchmal unangekündigt und bieten einen recht hohen Schwierigkeitsgrad. Durch ein wenig Leveln und Planen mit den Dämonen war alles aber relativ gut machbar. Wer einfach nur „blind“ durch ein Rollenspiel rennen will, der sollte hier unbedingt vorsichtig sein.

Solide technische Umsetzung

Man sieht Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster sein Alter definitiv an, allerdings macht der Remaster auf Nintendo Switch ein sehr gutes Bild. Das Spiel ist gestochen scharf und sieht sogar auf dem Fernseher klasse aus. Der Titel läuft hierbei „nur“ mit flüssigen 30 FPS, obwohl 60 FPS wahrscheinlich möglich gewesen wären, da es sich eigentlich nur um einen PlayStation 2 Titel handelt. Gelegentlich ruckelt das Spiel ein wenig bei einigen Feuereffekten in Zwischensequenzen, aber im Gameplay nur sehr selten. Die Menüs wurden aufgewertet auf eine höhere Auflösung und alle Texte sind auch auf der Switch Lite gut lesbar. Hier schon einmal eine erfreuliche Nachricht für alle Fans: Das Spiel wurde komplett übersetzt und bietet einen deutschen Bildschirmtext. Eine gute englische Vertonung ist ebenfalls an Bord, auch wenn nur die allerwichtigsten Sequenzen vertont sind. Viele Charaktere wurden nicht vertont oder bieten immer nur vereinzelt Sätze. Wem die englische Synchronisation nicht gefällt, kann über das Optionsmenü beliebig zwischen Englisch und Japanisch umstellen.

Ein großer Kritikpunkt war für mich der recht belanglose Soundtrack. Shin Megami Tensei III bietet im Vergleich zu den anderen Titeln der Reihe zwar einen guten und passenden Soundtrack, doch insgesamt haben die Stücke nicht allzu viel Wiedererkennungswert. Vielleicht bin ich inzwischen aber auch zu sehr von den Soundtracks von Persona verwöhnt.

  • 8.5/10
    Wiederbelebtes Rollenspiel-Highlight für Nintendo Switch - 8.5/10
8.5/10

Fazit: Wiederbelebtes Rollenspiel-Highlight für Nintendo Switch

Rollenspiel Fans können hier, trotz kleiner Problemchen, ohne Bedenken zuschlagen. Besonders da der Remaster ein wenig die Wartezeit auf den neusten Titel der Reihe: Shin Megami Tensei V überbrückt. Mit über 50 Stunden Spielzeit und reichlich Anreiz zum Sammeln aller Persona habt ihr auch viel zu tun, bevor ihr den Abspann sehen werdet. Es ist allerdings eine kleine Frusttoleranz von Nöten, da das Spiel manchmal aktiv gegen einen arbeitet (bei Kombo-Kämpfen zum Beispiel). Der Remaster lässt den Klassiker in neuem Glanz auf aktuellen Konsolen erstrahlen.

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