Am vergangenen Wochenende veröffentlichte Hellena Taylor, die ehemaligen Bayonetta-Synchronsprecherin, eine Reihe von Videos. Darin beschuldigte sie den Bayonetta 3-Entwickler Platinum Games, ihr eine „beleidigende“ Summe von 4.000 USD angeboten zu haben, um zum drittem Mal in die Rolle der Umbra-Hexe zu schlüpfen.
Ein neuer Bloomberg-Bericht enthält Behauptungen aus „mit den Verhandlungen vertrauten“ Quellen, die ein etwas anderes Bild zeichnen. Der Artikel verbirgt sich zwar hinter einer Paywall, nach einer kurzen Registrierung konnte ich ihn allerdings vollständig lesen.
Bevor ich näher darauf eingehe, möchte ich noch etwas dazwischen schieben, was die vermeintlich angebotenen 4.000 US-Dollar betrifft. Wir wissen zum Zeitpunkt dieser News leider nicht, wie viel Zeit man wohl in der Tonkabine verbringt, bis die Voicelines von Bayonetta vollständig für den dritten Teil eingesprochen wurden. Dank eines Interview-Videos mit Hellena Taylor aus dem Jahre 2018 können wir aber über die Vergangenheit sprechen. Damals verriet sie nämlich, dass die Aufnahmen für ihre Rolle als Bayonetta in nur 4 Tagen bzw. 16 Stunden (je Tag etwa 4 Stunden) abgeschlossen wurden!
Synchronsprecher können selbstständig arbeiten oder von der Gewerkschaft „Screen Actors Guild-American Federation of Television and Radio Artists“ (SAG-AFTRA) vertreten werden. Die Organisation hilft bei der Festlegung von Mindestlohngarantien und verhandelt mit der Videospielindustrie. Die Sprecher:innen werden normalerweise für Sitzungen bezahlt, anstatt herkömmliche Gehälter zu erhalten. Ab 2020 betrugen die Standard-Mindestsätze für Videospiel-Synchronsprecher 902 US-Dollar (4-Stunden-Sitzung, bis zu drei Stimmen) und 451 US-Dollar (eine Stunde, eine Stimme), gemäß einem SAG-AFTRA-Tarifblatt.
Wie Taylor 2018 sagte, brauchte sie vier vierstündige Sessions, um alle Zeilen für das erste Bayonetta aufzunehmen. Die Sätze waren damals niedriger, sodass unklar ist, wie viel Geld sie für ihre Arbeit tatsächlich bekam. Wenn wir uns an den 902 US-Dollar orientieren, dann wären das 3.608 US-Dollar, aufgerundet also rund 4.000 US-Dollar für ihre Gesamtleistung.
Wie von Jason Schreier nun aber bei Bloomberg berichtet, sagen zwei Quellen – die darum baten anonym zu bleiben, dass Platinum Games sehr „entschlossen“ war, Taylor die Rolle der Bayonetta erneut zu geben. Es wurden „mindestens fünf Sessions“ angesetzt, bei denen „jeweils 3.000 bis 4.000 US-Dollar für vier Stunden im Studio bezahlt werden“ sollten. Demnach würde die Gesamtzahlung für die Rolle mindestens 15.000 US-Dollar betragen.
In dem Bericht heißt es, Taylor habe eine „sechsstellige Summe sowie Residuen für das Spiel verlangt“. Platinum Games lehnte laut des Berichts dann allerdings ab und ließ „nach langwierigen Verhandlungen für einen Ersatz vorsprechen“. Wer die Zusage bekam wissen wir ja nun. Stattdessen boten sie Taylor später allerdings „einen Cameo-Auftritt im Spiel für die Gebühr einer Sitzung“ an. Also besagte 3.000 bis 4.000 US-Dollar, was sie ablehnte.
In einer E-Mail an Schreier beschrieb Taylor diese unterschiedliche Darstellung der Verhandlungen als „eine absolute Lüge“ und sagte zudem, sie stehe zu allem, was sie in ihren Videos gesagt habe. Platinum Games würden nun lediglich „versuchen, ihren Arsch und das Spiel zu retten“. „Ich möchte dieses ganze verdammte Franchise ganz offen hinter mir lassen und mit meinem Leben im Theater weitermachen“, schrieb sie. Vertreter von Platinum Games und Nintendo antworteten nicht auf Anfragen nach Kommentaren.